Wie nachhaltig ist das 9 Euro Ticket der Deutschen Bahn wirklich?​

Uns allen ist klar, wir sollten mehr Bus und Bahn fahren, weniger mit dem Auto und im besten Falle auch nicht fliegen. Das entlastet die Umwelt. Seit dem 1. Juni wird von der Deutschen Bahn das 9 € Ticket angeboten, womit man im Regionalverkehr der Bahn quer durchs Land fahren kann. Auf den ersten Blick erstmal eine gute Sache. Bisher wurden mehr als 7 Millionen Tickets verkauft. Prognostiziert werden sogar 30 Millionen verkaufte Tickets in den 3 Monaten. Doch warum wurde dieses Ticket überhaupt eingeführt? Und was bringt das Ticket für das Klima und die Umwelt?

Warum wurde das 9€ Ticket eingeführt?

Das 9 € Ticket ist genauso wie der Tankrabatt Teil eines Entlastungspaket der Bundesregierung für die Bürger:innen gegen die Preissteigerungen landesweit. Dies ist eine Reaktion auf den starken Anstieg der Energiepreise, hauptsächlich im Zusammenhang mit dem russischen Angriff auf die Ukraine. Doch will die Koalition auch ein weiteres Ziel erreichen, das vor allem die Grünen vorantreiben. Mehr Menschen für die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel (ÖPNV) zu gewinnen.

Politiker sprechen auch vom Klimaticket, doch wie viel Klima steckt dahinter?

Fast 61 Prozent der CO2 Emissionen im Verkehr stammen von Autos. Daher sollte deren Nutzung stark reduziert werden. Zum Beispiel mit Hilfe des 9 € Tickets. Einer Einschätzung des Umweltbundesamtes nach könnten so bis zu 5 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden. Vorausgesetzt, die Pendler:innen, die sonst mit dem Auto fahren, steigen auf die öffentlichen Verkehrsmittel um. Das wären dann sogar 6 – 7 Prozent des gesamten deutschen Treibhausgas-Ausstoßes. Wie viele Käufer:innen tatsächlich ÖPNV-Neukunden sind, die sonst andere Verkehrsmittel nutzen, ist leider nicht bekannt. Das macht es erstmal schwer zu beantworten, wie viel genau damit fürs Klima getan ist.

Menschen im ländlichen Raum sind benachteiligt wegen mangelhafter ÖPNV-Struktur

Leider bringt das 9 € Ticket Menschen, die in ländlichen Gebieten wohnen, wenig. Was bringt einem das Ticket, wenn die Bahn nur zwei Mal am Tag fährt? Viele sind bereit die öffentlichen Verkehrsmittel zu nutzen und das Auto auch mal stehen zu lassen. Aber dafür muss das Verkehrsnetz gut ausgebaut und attraktiv gestaltet werden. Das Ziel ist es mehr Menschen zum Umdenken bzw. Umsteigen zu bewegen. Günstige Bahn-, Bus- und Tramtarife wirken sich nämlich direkt darauf aus, ob Menschen ihr Auto zu Hause lassen. Im besten Falle sogar ob sie sich überhaupt eins kaufen (https://www.duh.de/klimaticket/ ). Entscheidendes Element zur nachhaltigen Mobilität ist ein gut ausgebauter und kostengünstiger ÖPNV.

Im Vergleich, wie läuft es in Luxemburg wo seit 2020 der ÖPNV umsonst ist?

Ein gutes Beispiel wie etwas bewegt werden kann ist Luxemburg. Dort ist seit 2020 der öffentliche Nahverkehr komplett umsonst. Das sogar für Touristen. Und ohne Fahrschein. Das heißt einfach einsteigen. Wie es dazu gekommen ist? In Luxemburg besitzt fast jede Bürger:in ein Auto. Besonders deutlich wird das durch den Earth Overshoot Day, der Welt Überlastungstag. Das ist der Tag im Jahr an dem ein Land die natürlichen Ressourcen verbraucht die von der Erde produziert werden. In Luxemburg war das im Jahr 2021 schon der 15. Februar. Durch die vielen Pendler steht man in der Hauptstadt etwa so lange im Stau wie in New York. Dieses Verkehrschaos soll durch das kostenlose Bus- und Bahnfahren behoben werden. Und es zeigt sich, Pendler:innen lassen immer öfter ihre Autos stehen. Im Vergleich zu Deutschland profitieren auch die ländlichen Regionen von einem garantierten Service. Mehr noch, die Verkehrsmittel sollen in Zukunft batteriebetrieben sein, was der Umwelt zugutekommen würde.

Auch in Österreich gibt es ein Klimaticket

In Österreich gibt es seit 2021 das Klimaticket. Wer es kauft, kann das ganze Jahr mit allen öffentlichen Verkehrsmitteln fahren, aber auch mit einer Vielzahl privater Verkehrsmittel. Es funktioniert, weil viele mitmachen. Monatlich kommen im Durchschnitt 5.000 Neukunden dazu. In Wien wurde 2012 schon ein preiswertes Jahresticket eingeführt. Danach hat sich die Zahl der Nutzer:innen mehr als verdoppelt.

Ist es wirklich eine Revolution des öffentlichen Verkehrs?

Die Beispiele Luxemburg und Österreich machen klar, auch wir in Deutschland brauchen eine Verkehrswende. Die Veränderung weg vom Auto und hin zu klimaschonenden Verkehrsmitteln. Denn das bedeutet: Mehr Platz, sauberer Luft und mehr Klimaschutz. Noch nie war es so wichtig, dass sich mehr Menschen für ein Verkehrsmittel entschieden, das klimafreundlich ist und die Luft nicht mit Abgasen belastet.

Zum anderen löst dieses Ticket Diskussionen aus. Umweltschützer loben das Ticket selbst als „guten Ansatz“, haben aber einen wichtigen Kritikpunkt. Wichtiger sei es, mehr Geld für bessere Angebote flächendeckend in ganz Deutschland zu investieren. Auch ein Abbau der Privilegien für das Auto ist im Gespräch. Denn unsere ganze Infrastruktur ist ausgerichtet auf die private Nutzung des Autos. Solange diese Privilegien da sind wird es schwer.

Was das 9 € Ticket jedoch so attraktiv macht ist seine Einfachheit. Viele fühlen sich verloren im Wirrwarr der Tarifstruktur (https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/neun-euro-ticket-kritik-101.html ). Das 9 € Ticket kann an Schaltern, in der App oder sogar im Bus gekauft werden. Daher macht es den ÖPNV nicht nur unglaublich günstig, es ist auch unglaublich einfach. Es braucht einfache, simple Alternativen, um die Menschen zu überzeugen. Der Vorteil vom Auto scheint vielen eindeutig, man muss nicht überlegen, sondern einfach einsteigen. Nutzen ohne nachzudenken quasi. Hier kommt dann aber das Ticket ins Spiel. Man kann jetzt ohne bedenken einfach in die Bahn steigen. Nur mit Alternativen wie diesen kann ein Wandel mit Umdenken entstehen. Die Einfachheit beim Entscheiden zwischen Auto und Bahn, zwischen Kuhmilch und Haferdrink oder Baumwolle und Bio-Baumwolle. Diese Entscheidungen führen zu einem nachhaltigeren Leben.

Das kannst DU tun um klimafreundlicher unterwegs zu sein!

Jede:r kann mit der persönlichen Verkehrsmittelwahl etwas zum Klimaschutz beitragen! In Deutschland gehen etwa 1/5 der CO2 Emissionen auf unsere Mobilität zurück. Pro gefahrenem Autokilometer werden 160 Gramm CO2 in die Luft geblasen. Diese Emissionen aus Fahrzeugabgasen fördern nicht nur die Erderwärmung, sondern beeinträchtigen auch unsere Lebensqualität und unsere Gesundheit. Ändern wir hier unser Verhalten, kann wirklich etwas bewegt werden.

Wer dennoch nicht auf sein Auto verzichten kann, könnte die folgenden Tipps berücksichtigen. Erst einmal ist es am besten, das Fahren von Kurzstrecken zu vermeiden, da der Motor im kalten Zustand am meisten Schadstoffe abgibt. Daher rät es sich bei kürzeren Strecken das Fahrrad zu nehmen sowie Bus oder Bahn zu nutzen. Wenn man mal aber doch das Auto braucht ist es sinnvoll auf eine spritsparende Fahrweise zu achten, das heißt vorausschauend fahren. Auch der optimale Reifendruck oder sogar Energiesparreifen tragen zu weniger Schadstoffausstößen bei. In größeren Städten gibt es Car-Sharing als Angebot, wodurch die Anschaffung für ein eigenes Auto vermieden werden kann. Wenn man sich mit mehreren Leuten zusammenschließt und Fahrgemeinschaften bildet, wirkt sich das positiv auf Geldbeutel und Umwelt aus.

Unser Fazit

Vielen fehlen oftmals die Anreize klimafreundlich zu sein. Das 9 € Ticket ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Durch seine Einfachheit nimmt es Verbraucher:innen die Entscheidung ab. Das könnte zu einer Verkehrswende beitragen. Dennoch muss generell erst einmal das Verkehrsnetz genügend ausgebaut werden, um überfüllte Züge zu vermeiden. Auch der Ausbau auf dem Land muss vorangetrieben werden. Nur so wird es attraktiv auch mal das Auto stehen zu lassen. Was die Verkaufszahlen des Tickets jedoch zeigen ist, dass eine Bereitschaft zum Umdenken da ist. Die unkomplizierte Nutzung und der günstige Preis schafft einen Anreiz, um klimafreundlicher unterwegs zu sein.

Quellen:

[1] https://www.swr.de/swraktuell/neun-euro-ticket-keine-entlastung-umwelt-100.html

[2] https://www.duh.de/klimaticket/

[3] https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/neun-euro-ticket-kritik-101.html

[4] https://www.sueddeutsche.de/politik/oesterreich-klimaticket-1.5592955

[5] https://luxembourg.public.lu/de/leben/mobilität/oeffentlicher-personennahverkehr.html

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